Geschichte

SPD Berg am Laim - Tradition und Gestaltungskraft

Die Berg am Laimer SPD arbeitet für die Menschen in Berg am Laim, und das schon länger als jede andere politische Partei vor Ort. 1908 wurde der Ortsverein im damals noch eigenständigen Dorf Berg am Laim gegründet. Unsere Fahne gibt davon Zeugnis ab. Sie hat, wie unsere Partei, schwere Zeiten - Krieg, Revolution, Verfolgung, Parteiverbot - überstanden, und sie steht bis heute für unsere Verbundenheit mit dem Stadtteil Berg am Laim.

Eine kurze Parteigeschichte:

Die Anfänge der SPD

Bereits 1870 waren in den Münchner Stadtteilen Schwanthalerhöhe, Giesing und Haidhausen die ersten sozialdemokratischen Ortsvereine entstanden. Besonders Haidhausen bildete eine der Hochburgen der in München sehr aktiven sozialdemokratischen Arbeiterbewegung, die trotz Widerstand und Verfolgung eine erstaunliche Entwicklung erlebte. Im Vergleich dazu führte die in unmittelbarer östlicher Nachbarschaft Haidhausens gelegene und bis 1913 selbstständige Gemeinde Berg am Laim das ruhige Dasein eines Münchner Vorortes, den die stürmischen Aktivitäten der Großstadt nur streiften. Erst als auch im "ruhigen" Berg am Laim die so genannte "Arbeiterfrage" immer brennender wurde, etablierte sich dort 1908 eine Sektion des sozialdemokratischen Vereins.

Wie brennend die "Arbeiterfrage" zum Ende des 19 Jahrhunderts wirklich war, lässt sich unter anderem an den üblichen Arbeitszeiten und Löhnen ablesen. So war im Berg am Laimer Ziegelgewerbe, in dem ein Großteil der hiesigen Arbeitnehmer damals ihr Brot verdienten, ein sechzehnstündiger Arbeitstag die Regel - und dies bei einem durchschnittliche Arbeitslohn von lediglich 2,50 Mark für einen Arbeiter. Eine Arbeiterin musste sich sogar mit nur 1,50 Mark begnügen. Um den wachsenden Unmut der Arbeiterklasse möglichst im Keim zu ersticken, gehörte zudem die Überwachung durch die Polizei ebenso zum Arbeiteralltag wie die zunehmende Verfolgung ihrer Organisationen und Vereine.

Als in Berg am Laim sich 1908 ein eigener Ortsverein etablierte, wählte man als Vereinslokal das "Gasthaus Zum Geflügelten Rad", das sich im Wohnblock der Eisenbahnergenossenschaft, Ecke Münchner-/Ampfingstraße, befand - heute bekannt als Gaststätte "Leuchtenbergring" (siehe Bild). Dadurch war den Arbeitern in Berg am Laim, die ausser in den erwähnten Ziegeleien z.B. in der nahe gelegenen Kognakfabrik Macholl, dem Lagerhaus Ostbahnhof oder dem Baugeschäft Berlinger beschäftigt waren, erstmals möglich, sich politisch zu organisieren. Zur Erinnerung an die Gründung des Ortsvereins ließ man eine edle Fahne mit feinen Stickereien anfertigen, die als äußeres Zeichen der Parteizugehörigkeit bei allen wichtigen Anlässen mitgetragen, ansonsten aber im Vereinslokal aufbewahrt wurde.

Dass sich die politische Stimmung in der Gemeinde zugunsten der SPD gewandelt hatte, zeigen die Wahlergebnisse dieser Jahre: Bei den Stichwahlen zur Reichstagswahl 1911 fielen von 291 abgegebenen Stimmen 233 auf den Sozialdemokraten Vollmar; bei den Landtagswahlen von 1912 kamen 91 Stimmen auf die Sozialdemokraten, 90 auf das Zentrum und 38 auf die Liberalen.

1918 - Revolution und Umbrüche

Das Kriegsjahr 1918 - Berg am Laim gehörte inzwischen zu München - endete in einer Revolution. Am 7. November leitete Kurt Eisner in Bayern den Umsturz der Wittelsbacher Monarchie ein. Die SPD hatte zu einer Massendemonstration auf der Münchner Theresienwiese aufgerufen zu der sich - der Magistrat der Stadt hatte den Arbeitern dafür nachmittags frei gegeben - auch sehr viele Münchner einfanden. Während die Gefolgsleute um den Sozialdemokraten Erhard Auer es bei dieser Kundgebung beließen, zog Kurt Eisner mit zahlreichen Demonstrationsteilnehmern in Richtung der Kasernen.

Hans Demeter, Jahrgang 1905, nach dem Zweiten Weltkrieg prominentestes SPD-Mitglied aus Berg am Laim erlebte als Bub den Umsturz mit und berichtete in einem Interview: "Und da wurden die Gefangenen befreit, es gab a bisserl Schießereien, aber es war sehr, sehr unblutig. ... Aber meine Mutter hatte kein Verständnis dafür, die gab mir ein paar tüchtige Ohrfeigen weil ich erst um vier Uhr früh nach Hause gekommen bin."

Nach der Niederschlagung der Räterepublik und der Ermordung Kurt Eisners blieb die SPD eine der führenden Kräfte im Münchner Rathaus, war aber - wie im ganzen Land - gespalten in MSPD und USPD. Zwei Persönlichkeiten der Münchener Sozialdemokratie ragten in dieser Zeit heraus: Zum einen der USPD-Vorsitzende im Stadtrat, Hans Ludwig Held, und zum anderen der junge Thomas Wimmer, seit 1919 Mitglied der MSPD und erster Vorsitzender des Sozialdemokratischen Vereins. Wimmer profilierte sich in dieser schwierigen Zeit vor allem im Bereich des Wohnungsbaus.

Diese konstruktive Kommunalpolitik aus der Opposition wurde bei den Gemeindewahlen 1929 zwar mit der Rathausmehrheit belohnt; aber schon bei dieser Wahl sammelte die NSDAP bereits 15% der Wählerstimmen. Sozialdemokratische Versammlungen wurden in der Folge von den Rechtsradikalen in einem Maße gestört, dass jeweils Saalschutz organisiert werden mußte. Von der Polizei war keine Hilfe zu erwarten - im Gegenteil: Sie observierte die SPD mit einer Gründlichkeit, die an die Zeit der "Sozialistengesetze" erinnerte. Nach der Machtergreifung 1933 begannen jedoch noch schrecklichere zwölf Jahre der Verfolgung, aber auch des Widerstandes.

1933 - Parteiverbot und Widerstand

Das Nein der SPD gegen das Ermächtigungsgesetz am 23. März 1933 löste eine Welle des Terrors gegen SPD-Funktionäre aus. Die Parteizentrale verlegte ihren Sitz ins Prager Exil und forderte den Sturz des Hitlerregimes. Daraufhin wurde am 22. Juni 1933 die SPD zur "staats- und volksfeindlichen Partei" erklärt. Alle SPD-Mitglieder in den verschiedenen Volks- und Gemeindevertretungen wurden ihrer Ämter enthoben, die sozialdemokratische Zeitungen verboten und das gesamte Vermögen der Partei beschlagnahmt. Die sozialdemokratische Parteiarbeit war lebensgefährlich geworden - auch im Münchner Osten. Die Zeit des menschenverachtenden Naziterrors überstanden Gegner des Regimes nur, wenn sie mit größter Schlauheit, Sorgfalt und Vorsicht agierten und ihnen auch das Glück zur Seite stand.

Sehr eindrucksvoll belegte dies der Schlosser Karl Zimmet aus Berg am Laim, der viele Jahre lang in seinen Flugblättern massiv die Unterdrückung der freien Meinungsäußerung, den Bau der Konzentrationslager sowie die Kriegsvorbereitung und -führung durch die Nazis anprangerte, der enge Kontakte zu Gleichgesinnten unterhielt, Sabotageaktionen organisierte und in seiner Wohnung ein Waffenlager anlegte. Trotz der Vielzahl solcher lebensgefährlichen Aktivitäten gelang es den Nazis erst im letzten Kriegsjahr Zimmet zu fassen. Durch eine perfekt inszenierte "Geisteskrankheit" glückte es ihm letztlich sogar dem zwangsläufigen Todesurteil zu entrinnen.

Schlauheit und Glück war es auch zu verdanken, dass die Gründungsfahne unseres SPD - Ortsvereins - Berg am Laim von 1908, Naziterror, Kriegs- und Nachkriegswirren weitgehend unbeschadet überstand; die umsichtige Frau des damaligen Vorsitzenden nähte die Fahne kurzerhand in das Bett ein. Durch Zufall kam sie viele Jahre später - nur leicht beschädigt - wieder an das Tageslicht. Die fachkundig restaurierte Fahne ist damit ein einzigartiges historisches und kostbares Symbol der traditionsreichen Geschichte der Sozialdemokratie in Berg am Laim und München.

1945 - Wiedergründung und Neuaufbau

Schon sehr bald nach dem Zusammenbruch des "Dritten Reiches" wurden in München auf Sektionsebene wieder parteipolitische Aktivitäten aufgenommen. Wie aus den jeweiligen Protokollbüchern hervorgeht, trafen sich bereits am 29. September 1945 die Sozialdemokraten der "Sektion Truderinger Straße" zur ersten Versammlung im Berg am Laimer Gasthaus "Plankenstein" und schon zwei Tage später die Genossen der "Sektion 1 München Berg am Laim" im Gasthaus "Loretohof". Eine weitere Sektion entstand im Februar 1946 im Echardinger Grünstreifen. (Protokoll siehe Bild)

Natürlich standen Wohnungs- und Ernährungsfragen zunächst im Vordergrund. In den genannten Protokollbüchern heißt es dazu: "Es fehlen uns heute noch 80 000 Wohnungen. Die Herbeischaffung der Baustoffe ist das Primäre." Wie schwierig die Beschaffung von Lebensmitteln war, wird z.B. daran deutlich, dass die Tagung der "Sektion 1" am 14. März 1947 entfallen mußte, weil der Wirt sein Lokal wegen Brenn- und Nahrungsmittelmangels schließen mußte; die weiteren Versammlungen fanden deshalb beim "Großwirt" in Berg am Laim statt.

Am 7. Oktober 1947 beschloß der Stadtrat die Bildung von Bezirksausschüssen, allerdings unter der Maßgabe, parteipolitische Auseinandersetzungen aus diesem "Stadtteilparlamenten ohne politische Befugnis" möglichst fern zu halten. Die Bürgerwünsche fanden auf regelmäßigen Bürgerversammlungen Berücksichtigung: In Berg am Laim standen auf der ersten - der Wiederaufbau von Wohnungen,
- mutwillige Beschädigung von Strassenschildern durch Jugendliche und
- die Freigabe des Berger Weihers als Schuttabladeplatz
auf dem Programm.

"Trümmerfrauen" fand man in den Bezirksausschüssen des Jahres 1948 kaum: In den Mitgliederlisten der damals 41 BA's finden sich knapp 390 Männer und nur 13 Frauen. Auch in den Vorständen der SPD-Ortsvereine in Berg am Laim waren zunächst keine Frauen vertreten - erstaunlich für eine Partei, die das Frauenwahlrecht durchsetzte. In den anderen Parteien und bei den Mandaten auf Kommunal-, Landes- und Bundesebene sahen die Zahlenverhältnisse nicht besser aus. In der SPD änderte sich dies - ausgehend von der politischen Arbeit auf Kommunalebene - aber rasch und führte 1988 zur Quotenregelung für Parteiämter und Kandidaturen.

Hochburg Berg am Laim

Von Anfang an verliefen die Bundestags-, Landtags- und Stadtratswahlen - die Bezirksausschüsse wurden noch nicht direkt gewählt - im traditionellen Industrie- und Arbeiterviertel Berg am Laim für die SPD ausgezeichnet. So votierten z.B. bei den Bundestagswahlen von 1953, 1957 und 1961 zwischen 48 und 53 Prozent der hiesigen Wähler die Sozialdemokraten. Bei den Landtagswahlen stieg dieser Anteil auf fast 60 Prozent und die Stadtratswahl von 1960 brachte 67,5 Prozent der Stimmen. Auch wenn sich diese Zahlen bei Bundes- und Landeswahlen letztlich nicht halten ließen, blieb die SPD Berg am Laim auf Kommunalebene die herausragende Kraft.

In Berg am Laim lagen sowohl Mehrheit als auch Leitung der Bezirksausschüsse seit 1948 nahezu ohne Unterbrechung in den Händen der SPD. Den ersten Vorsitz führte Michael Engesser, ihm folgte für mehr als dreißig Jahre unser Parteimitglied Hermann Weinhauser - eine Leistung, für die er 1987 von der Stadt besonders geehrt wurde. Nach Weinhausers Rückzug aus der aktiven Politik übernamh Josef Koch den Vorsitz im Bezirksausschuss Beg am Laim. In seine Amtszeit fallen wichtige Entwicklungen, wie z.B. der Bau der U-Bahn zur Messe, die Ausweitung des Wohnungsbaus, Schulsanierungen und der Beginn der Ortskernsanierung. Im Jahr 2012 hat Josef Koch den Vorsitz abgegeben, zu seinem Nachfolger wurde Robert Kulzer gewählt.

Die SPD Berg am Laim hat damit die Geschicke des Stadtteils im Rahmen der Möglichkeiten eines Bezirksausschusses wesentlich geprägt. Oft musste ein Ausgleich zwischen Stadtteilinteressen und gesamtstädtischen Anliegen gefunden werden wie beim Ausbau der Berg-am-Laim-Straße und der Kreillerstraße. Man engagierte sich erfolgreich gegen die Tangente 5 Ost und setzte sich für den Behrpark ein, der 1987 nach vierjährigem politischem Ringen realisiert wurde. In den letzten Jahren standen z.B. die Verbesserung der Baumkirchnerstraße, die Zukunft des Areals am Ostbahnhof oder auch die Offenlegung des Hachinger Baches auf der Agenda. Vereine und Bürgeranliegen wurden und weren wo immer möglich unterstützt. Die Einführung eines BA-Budgets hat da neue Möglichkeiten eröffnet. Aktuell (Herbst 2013) stehen u.a. der Wunsch der Berg am Laimer nach einem Bürgerhaus, der Neubau dringend benötigter Schulen und - wie stets - der Wohnungsbau ganz oben auf der politischen Agenda.